Im zurückliegenden Schuljahr beschäftigte sich die Klasse 9c im Geschichtsunterricht mit dem Nationalsozialismus aus der jugendlichen Perspektive. Am Ende der Einheit verfassten alle Schüler Aufsätze, in denen sie ihr neues Wissen reflektierten. Im Folgenden ein besonders gelungenes Beispiel:
Zwischen Antisemitismus, Propaganda und Rassismus
Im Geschichtsunterricht haben wir, die Klasse 9c, uns mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Dabei befassten wir uns besonders mit dem Nationalsozialismus aus der jugendlichen Perspektive. Im Folgenden werde ich das, was wir gelernt haben, zusammenfassen und auch meine eigenen Weiterüberlegungen ergänzen.
Bestandteil der NS-Ideologie war die „Volksgemeinschaft“. Die Nationalsozialisten zählten zur „Volksgemeinschaft“ die sogenannten „Arier“. Laut der NS-Ideologie waren „Arier“ Nachfahren „germanischer Völker“. Sie sollten den restlichen Menschen angeblich kulturell, geistig und politisch überlegen sein. Jugendliche Jungen erhielten eine militärische Erziehung, zum Beispiel zum militärischen Flieger-Piloten. Mädchen sollten zur Mutter und Hausfrau erzogen werden und als „Mutter des Volkes“ dem Staat dienen. Das Fazit daraus ist, dass Jugendliche darauf vorbereitet wurden, dem Staat zu dienen und sie dadurch keine Möglichkeiten zur freien Entfaltung hatten.
Die „Volksgemeinschaft“ grenzte auch bewusst Menschengruppen aus. Dazu zählten vor allem Juden und politische Gegner der Nazis. War man beispielsweise Jude und somit „Feind“ der Nationalsozialisten, wurde man vom öffentlichen Leben ausgegrenzt. War man also das Kind von jüdischen Eltern, so wurde diesen der Führerschein abgenommen oder auch ein Ausgehverbot nach 8 Uhr abends auferlegt; oder sie durften nicht mehr ins Kino gehen. Für Jugendliche waren solche Ausgrenzungsmaßnahmen sehr schlimm, da ihnen auch verboten wurde, eine deutsche Schule zu besuchen. Dies schränkte die Entfaltungsmöglichkeit ebenfalls erheblich ein. Mir selber ist bei diesem Punkt aufgefallen, dass heute, 80 Jahre später, sich niemand hier im demokratischen Deutschland vorstellen könnte, so zu leben. Dass jeder ins Kino oder Theater gehen kann oder auch, dass jeder ein Unternehmen führen darf, ist in unserer heutigen Gesellschaft selbstverständlich.
Was aber auch zum Leben im Nationalsozialismus als Jugendliche/r gehörte war die „Hitlerjugend“. Sie sollte dem NS neuen und treuen Nachwuchs bringen. Die „Hitlerjugend“ war streng aufgebaut. In ihr gab es klare Machtpositionen. Als Beispiel dafür betrachteten wir im Unterricht einen Ausschnitt aus der historischen Spielfilmserie „Blut & Ehre“. In der Szene erteilte ein hochrangiger Junge einem Jungen von niedrigerem Rang den Befehl von einem Felsen ins Wasser zu springen. Dieser Junge konnte allerdings gar nicht schwimmen, musste den Befehl aber befolgen und ertrank daraufhin. Diese Szene hat deutlich gezeigt, dass die „Hitlerjugend“ kein spaßiger Zeitvertreib, sondern eine gefährliche Organisation war. Jugendliche sind noch nicht bereit für extrem große Macht und wenn sie diese haben, missbrauchen sie diese gelegentlich. Das Fazit daraus ist, dass nur Jugendliche mit einem besonders hohen Rang Spaß in der „HJ“ hatten, weil sie andere schikanieren konnten und trotzdem gut angesehen waren. Was jedoch einigen der Jugendlichen Spaß bereitete, waren die „Kameradschaftsabende“ oder Freizeitlager. Das Freizeitlager, oder auch Sommerlager genannt, fand jährlich statt und war für viele Jugendliche ein Ersatz zum Familienurlaub, den sich damals nur wenige leisten konnten. Jedoch prägte ein strenger Tagesablauf mit strengen Regeln das Sommerlager. Nachdem wir uns im Unterricht auch dazu einige Filmausschnitte angesehen haben, stach für mich am prägnantesten hervor, dass generell im Nationalsozialismus wenig Wert auf den Einzelnen gelegt wurde und der Fokus mehr auf der Gruppe lag.
Ein Aspekt, wie die NSDAP so erfolgreich werden konnte, ist, dass sich der Nationalsozialismus vor allem auf Propaganda stützte. Ziele der NS-Propaganda bestanden darin, die Menschen beispielsweise von der „Rassentheorie“ zu überzeugen. Doch eigentlich ist Überzeugen das falsche Wort, denn die Propaganda sollte durch Ziele und Mittel, Menschen unterbewusst so beeinflussen, dass sie zum NS umerzogen werden. Besonders durch öffentliche Medien wurden Menschen gezielt manipuliert. Zum Beispiel durch das damals neu entstandene Kino. Die Filme, die im Kino liefen, wurden nämlich von einem speziellen Ministerium für Propaganda streng kontrolliert. Durch die Kontrolle hatten vor allem Jugendliche keine Möglichkeiten, sich eine eigene Meinung zu bilden. Viele Kinder und Jugendliche haben noch wenig Eigenüberzeugung und sind deshalb sehr leicht zu beeinflussen. Symbole (zum Beispiel dem Hakenkreuz), einprägsame Schlagworte und die wiederholte Beschwörung der „Volksgemeinschaft“ wurden häufig und gezielt von „Propagandaminister“ Goebbels eingesetzt. Seine Reden beinhalteten vor allem emotionale Botschaften, die die Deutschen unterbewusst mit ihren eigenen Gefühlen gezielt manipulierten und zum NS umerzogen. Was sich hierbei für mich als extrem erschreckend herauskristallisierte ist, dass sich die NS-Ideologie vor allem auf Rassismus und Antisemitismus gründete.
Wie bereits einige Male erwähnt, sahen wir uns im Unterricht oft Sequenzen aus der historischen Spielfilmserie „Blut und Ehre“ an. Bei diesen Ausschnitten konnte ich mich besonders gut in die Lage der Jugendlichen hineinversetzen, da diese ungefähr im selben Alter waren und auch zum Teil ähnliche Interessen hatten. Die Serie wurde erst nach der Zeit des Nationalsozialismus gedreht. Sie entstand 1982. Doch trotzdem muss diese Spielfilmserie, wie auch andere historische Filme, kritisch betrachtet werden, denn auch heute hat Propaganda die gleiche Wirkung auf uns Menschen, wie damals. Problematisch war, dass einige Szenenausschnitte hinsichtlich Bild und Ton von NS-Propagandamaterial beeinflusst wurden. Deshalb ist es wichtig zu wissen, dass wir uns vor Propaganda nur durch Aufklärung schützen können. Denn auch aufgrund von Propaganda haben sich die Menschen zwischen 1933 und 1945 zu Hitler als absolutem „Führer“ bekannt. Um sich also zu schützen, sollte man sich vor dem Ansehen eines historischen Spielfilms über die Absichten des Films und die Inspiration der Produzenten zu informieren.
Am Ende dieses Aufsatzes angekommen, möchte ich nochmals erwähnen, wie wichtig das Wissen über den Nationalsozialismus ist. Dies wurde mir auch nochmals klar, als wir das ehemalige Konzentrationslager in Natzweiler besucht haben. An diesem Ort, an dem vor ungefähr 80 Jahren schreckliche NS-Verbrechen passiert sind, hatten wir die Möglichkeit, uns weiter zu informieren und uns viele erhaltene Gebäude des Konzentrationslagers anzusehen. Die meisten waren eher etwas betroffen, doch ich selber war eher wütend. Wütend darüber, wie Menschen zu so schrecklichen Taten fähig waren und warum der Nationalsozialismus so viele unschuldige Opfer bringen musste. Abschließend kann man nur sagen, dass so etwas nie wieder passieren darf, denn ein Leben zwischen Antisemitismus, Propaganda und Rassismus ist für niemanden schön.
Mia